Vorschlag für

Kriterien für "Nachträgliche Ringe" (nR) in der Sächsischen Schweiz und Arbeit der AG "Nachträgliche Ringe" des Sächsischen Bergsteigerbundes (SBB)

Grischa Hahn, 10. Mai 2004, Rev. 2

Präambel

"Nachträgliche Ringe" stellen stets eine mehr oder weniger gravierende Veränderung im Charakter eines Kletterweges dar. Zum einen wird ein solider Sicherungspunkt hinzugefügt, der die Sicherung in der Regel verbessert, jedoch trägt er - rein praktisch - nicht zwangsläufig zu mehr Sicherheit bei. Dies liegt darin begründet, dass sich durch das Vorhandensein eines Ringes viele unerfahrene Bergfreunde animiert fühlen, in einen Weg einzusteigen, ohne ihm umfassend gewachsen zu sein. Ein weiterer Nebeneffekt ist seine stärkere Frequentierung, was unter Umständen der Felsoberfläche und vorhandenen natürlichen Sicherungspunkten enormen Schaden zufügen kann à "Kletterwegökologie". Zum weiteren verändert sich die psychische Anforderung unter Umständen so gravierend, das der Geist und Begehungsstil des Erstbegehers nicht mehr nachvollziehbar ist. Das heißt nichts anderes als Zerstörung von sächsischem Kletterkulturgut, welches aber wesentlich für das Verständnis hiesiger Ethik und für das Erlernen des typisch sächsischen Kletterstiles ist.

Aus diesem Grund möchte ich folgende Regeln für "Nachträgliche Ringe" festgeschrieben wissen:

§1 Kriterien für "Nachträgliche Ringe"

Nur unter folgenden Umständen kann ein nR angebracht werden:

(1) WEGFALL: An einer verschwundenen essentiellen, natürlichen Sicherungsmöglichkeit vor Schlüsselstellen ist ein nachträgliches Anbringen eines Ringes in der Höhe des ehemaligen Sicherungspunktes möglich. Bei diesem früher vorhandenen Sicherungspunkt muss aber berücksichtigt werden, ob der Erstbegeher diesen zu seiner Zeit und mit dem damals vorhandenen Material überhaupt nutzen konnte, und was diese Sicherungsmöglichkeit damals abgehalten hat. Konnte der Erstbegeher diese nicht wirkungsvoll nutzen, ist von einem nR abzusehen und die Vergabe eines "!" zu bevorzugen.

(2) LEBENSGEFAHR: Stellen in Kletterwegen, die uneinsehbar schwer und ungesichert sind und an welchen ein Rückzug nicht mehr möglich ist. Um für nichtinformierte Bergfreunde das unter Umständen sehr hohe Risiko für Gesundheit und Leben auszuschließen, kann ein nR geschlagen werden, jedoch ist zuerst zu prüfen, ob die Vergabe eines "!" nicht geeigneter ist, um vor solchen Situationen zu warnen. Der Aspekt Charakterveränderung ist hier besonders zu berücksichtigen.

(3) ERSTBEGEHUNG: Vom Erstbegeher innerhalb von 4 Wochen nach der Erstbegehung, an Stellen, wo er während der Erstbegehung Ringe schlagen wollte, aber nicht konnte. Dabei sind die Kriterien unter Abs. (6) und Abs. (7) zu beachten.

(4) BAUSTELLEN: Mögliche Standorte für nR sind Baustellen, an denen die natürlichen Sicherungsmöglichkeiten nicht ausreichen, einen Seilschaftssturz zu verhindern. Natürliche Sicherungsmöglichkeiten sind hier sehr weit zu fassen, jedoch darf deren Anbringung nicht mit naturschutzfachlichen Belangen kollidieren.

(5) NACHHOLESTELLEN: Zwingend erforderliche Nachholestellen (durch Seilzug oder zurückgelegte Kletterlänge), die nur unzureichende natürliche Sicherungsmöglichkeiten aufweisen. Natürliche Sicherungsmöglichkeiten sind hier sehr weit zu fassen, jedoch darf deren Anbringung nicht mit naturschutzfachlichen Belangen kollidieren.

Dabei sind folgende Kriterien zu beachten:

(6) Für zu schlagende nR gelten die selben Grundsätze wie für das Ringschlagen bei Erstbegehungen: Ein Weg ist so abzusichern, dass ausreichende Sicherung mit einem Minimum an Ringen gewährleistet ist. Mindestabstände [zu definiern!] sind einzuhalten. Ringe sind so zu schlagen, dass sie gut einzuhängen sind und nicht zu unsportlicher Benutzung verleiten.

(7) Bei Erstbegehungen neuer Weg, die vorhandene ältere Aufstiege tangieren oder schneiden ist sehr sorgfältig auf die Positionierung neuer Ringe zu achten:

"Wegverläufe" sind hierbei, entsprechend der konkreten Weganlage, großzügig aufzufassen. Abgewichen werden kann davon nur:

(1) Anträge zur Anbringung von nR oder auch Entfernung bereits geschlagener nR (soweit sie mit den unter §1 genannten Kriterien kollidieren) sind beim Leiter der AG "Nachträgliche Ringe" schriftlich einzureichen. Diese Anträge müssen enthalten:

(2) Erfüllt der Antrag nicht die unter Abs. (1) genannten Bedingungen, hat der Leiter der AG "Nachträgliche Ringe" den Antrag mit schriftlicher Begründung zurückzuweisen.

(3) Ist der Antragsteller mit einer Zurückweisung nicht einverstanden, kann er eine Prüfung des Sachverhaltes durch den Vorstand des SBB verlangen. Dieser entscheidet nach den unter §1 und §2 Abs. 1 genannten Kriterien über die Zulassung des Antrages.

(4) Alle Anträge, die bei einer Sitzung der AG "Nachträgliche Ringe" besprochen werden, sind mindesten 3 Monate vorher zu veröffentlichen. Diese Veröffentlichung umfasst die unter Abs. (1) genannten Punkte 1, 2 und 4. Die Angaben unter Punkt 3 müssen für Interessierte einsehbar sein. [Nach Möglichkeit ist ein vollständiges PDF-Dokument zu erstellen (Punkt 1-4).] Die Veröffentlichung geschieht im Mitteilungsblatt des SBB, in der Geschäftstelle sowie brieflich an alle interessierten Bergfreude [brieflich = auch per eMail].

(5) Über die Annahme der Anträge wird auf einer Sitzung der AG "Nachträgliche Ringe" mit Zweidrittelmehrheit befunden. Der Antragsteller ist einzuladen und als Stimme zu werten. Es müssen mindestes sechs unabhängige Stimmen vorliegen, um über Ablehnung oder Annahme zu befinden. Anderenfalls gilt der Antrag solange als zurückgestellt, bis die erforderlichen Stimmen zusammengekommen sind. Zurückgestellte Anträge sind bei der jeweils nächsten Sitzung erneut zu behandeln.

(6) Stimmberechtigt bei einer Sitzung der AG "Nachträgliche Ringe" sind alle Bergfreunde, die den entsprechenden Fall explizit überprüft haben und dies durch ein Protokoll nachweisen können. Eine Überprüfung hat mittels Durchsteigen des entsprechenden Weges/Wegteiles zu geschehen. An das Protokoll werden adäquate Forderungen wie unter Abs. (1) gestellt. [harte Formulierung, jedoch im Interesse objektiver Bewertung dringend nötig!]

(7) Wurden "Nachträgliche Ringe" ohne Genehmigung geschlagen (keine Neutouren), müssen diese entfernt werden und Anträge diesbezüglich gelten als abgelehnt. [Spezialreglung wegen Eigenmächtigkeiten einzelner!]

(8) Wurden Verstöße gegen §1 Abs. (7) festgestellt müssen folgende Punkte beurteilt werden:

(9) Abgelehnte Anträge können nur dann erneut gestellt werden, wenn sich die Situation wesentlich geändert hat oder eine Sperrfrist von 5 Jahren abgelaufen ist.

(10) Die Ergebnisse der Sitzungen der AG "Nachträgliche Ringe" sind umgehend wie unter Abs. (4) zu veröffentlichen.

(1) Die Ausführung angenommener Anträge darf nur durch die KTA bzw. im Falle von §1 Abs. (3) und Abs. (7) durch den Erstbegeher selbst durchgeführt werden.

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Zuletzt geändert: 30.3.2003 Jörg Brutscher